Die Geschichte des ersten großen Industriewerkes in Ingelheim, der Portland-Cementfabrik, die der Heidesheimer Öl- und Knochenmüller Carl Krebs 1863 in Nieder-Ingelheim gründete, ist bislang noch nicht geschrieben worden. Lediglich Karl Heinz Henn widmete 2001 im Rahmen eines Vortrages einige Bemerkungen über die Industrialisierung Ingelheims. Jetzt hat Vorstandsmitglied Hartmut Geißler mit den „Beiträgen zur Ingelheimer Geschichte“, Band 62, diese Lücke geschlossen.
Dabei produzierte das Werk 44 Jahre lang hochwertigen Portland-Zement mit Rohmaterial aus Steinbrüchen am Mainzer Berg und beschäftigte um 1900 bis zu 400 Mitarbeiter, damals weit mehr als Boehringer, sogar angeworbene Gastarbeitende aus der damals österreichischen westlichen Ukraine. Es wird heute völlig vom Glanz des nachfolgenden Weltunternehmens Boehringer Ingelheim überstrahlt, von dem das Gelände an Selz, Eisenbahn und Binger Straße der 1907 stillgelegten Zementfabrik übernommen wurde. Jeder braucht und benutzt zwar Zement, heute oft aus China importiert, aber seine energieintensive Produktion mit ihren Rohstofftransporten und Staubemissionen macht sich selten Freunde. So gab es auch in Ingelheim jahrelange Konflikte um die Fuhrwerktransporte durch die Mainzer und Binger Straße sowie über den Verlauf der Transportschwebebahn über die Grundstraße und Bahnhofstraße hinweg.
Heute erinnern nur noch die schönste Fabrikantenvilla Ingelheims, die 1879 im damals modischen Stil der Neorenaissance erbaute „Villa Schneider“ in der Bahnhofstraße, an das Ehepaar Carl Krebs und seine Frau Christine aus Essenheim sowie ein verfallendes Familiengrab Krebs-Klippel im Kirchhof der Burgkirche an ihre Besitzer. Dies alles mag seinen Hauptgrund in der Tatsache haben, dass die Ingelheimer Quellenlage und die des Heidesheimer Archivs zur Cementfabrik nicht besonders gut sind, ganz im Gegensatz zu den gleichzeitig gegründeten Werken von Dyckerhoff in Amöneburg und von Lothary in Weisenau.
Das Firmenarchiv der Heidelberg-Mannheimer Cementwerke jedoch, die die Aktien des verschuldeten Ingelheimer Unternehmens 1906 aufkauften und das Werk 1907 stilllegten, enthält wichtige Unterlagen zu seiner Geschichte. Sie wurden digitalisiert und dem Autor zur Auswertung überlassen. Darunter ist das noch nie analysierte handschriftliche Protokollbuch des Aufsichtsrates der Aktiengesellschaft aus der Zeit ab 1897 mit den Bilanzberichten und Personalangaben.
Die Umstände der Fabrikgründung und ihre Frühphase jedoch liegen weiterhin im Dunklen. Deshalb wurde in dieser 100-Seiten-Schrift zugleich der Versuch unternommen, mit Parallelquellen aus damaligen Portland-Cementfabriken (Dyckerhoff und Lothary) auch die Ingelheimer Frühphase besser vorstellbar zu machen.
Die Quellenlage bringt es mit sich, dass die Darstellung zwei unterschiedliche Schwerpunkte hat: Für die frühe Phase überwiegen genealogische Quellen mit vielen Fotos der Familien Krebs aus Heidesheim und Klippel aus Wackernheim, denn der Schwiegersohn von Carl Krebs, Heinrich Ludwig Klippel, war viele Jahre an leitender Stelle in der Fabrik beschäftigt, und Berichte aus anderen Portland-Cement-Werken. Für die Phase der Aktiengesellschaft konnten ab 1897 reiche wirtschaftliche Informationen zum Unternehmen selbst ausgewertet werden. Im Anhang befinden sich Stammbäume der Familien Krebs und Klippel sowie eine Liste der Liegenschaften der Fabrik.
Druck und Umschlaggestaltung: Druckerei Eckoldt, Ingelheim
Preis im freien Verkauf: 13 € entweder bei der Buchhandlung Wagner oder bei der Museumsbibliothek, Ingelheim, Mainzer Straße 68 (Pestalozzischule).
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Eine vollständige Liste der "Beiträge zur Ingelheimer Geschichte" (seit 1949) und der "Kleinen Schriften - Ingelheimer Geschichtsthemen" (seit 2001) finden Sie hier: