Autor: Hartmut Geissler
aus Anlass der 200jährigen Wiederkehr von Goethes Besuchen
Nach den Wirren und Kriegen der napoleonischen Zeit besuchte der Dichterfürst (65 Jahre alt) wieder einmal seine Heimatregion mit der Kutsche, kurz Frankfurt, dann Wiesbaden zu einer Badekur, und von dort aus durchfuhr er auch Mitte August den gesamten Rheingau, an dem er bisher (1772) nur mit einem Schiff vorbeigefahren war.
Von Rüdesheim aus ließ er sich zum Rochusfest in Bingen übersetzen, das er am 16. August mit einem Herzoglich Nassauischen Beamten als "Geleitsmann" besuchte. Das Fest zu Ehren des Hl. Rochus wurde nach dem Ende der Franzosenzeit besonders aufwändig und begeistert gefeiert, da 24 Jahre lang kein Rochusfest gefeiert werden konnte. Er beschreibt es impressionistisch-euphorisch. Die Prozession kommentierte er so:
"So ward vorgeschritten, um dies politisch-religiöse Fest zu feiern, welches für ein Symbol gelten sollte des wiedergewonnenen linken Rheinufers sowie der Glaubensfreiheit an Wunder und Zeichen."
Bei dieser Gelegenheit wurde viel Wein getrunken und über den Weingenuss diskutiert. Goethe hörte in den Gesprächen auf dem Rochusberg auch vom guten Ingelheimer Rotwein:
"Hier ist denn besonders der sehr beliebte Aßmannshäuser Rote vielen Anfechtungen unterworfen. Einen Weinbergsbesitzer von Oberingelheim hört' ich behaupten: der ihrige gebe jenem wenig nach. Der Eilfer solle köstlich gewesen sein, davon sich jedoch kein Beweis führen lasse, weil er schon ausgetrunken sei."
Zur Feier seines Geburtstages am 28. August war er wieder in Wiesbaden.
Anschließend fuhr er ein zweites Mal in den Rheingau, nach Winkel, wohin ihn die Brentanos, eine befreundete Kaufmannsfamilie aus Frankfurt, eingeladen hatten. Die Brentanos hatten nämlich am Rheinufer in Winkel ein schönes Anwesen gekauft, wo man die Sommer verbrachte. Für acht Tage war er Gast in deren Haus. Das Anwesen wurde 2014 vom Land Hessenn gekauft und wird seitdem von einer Trägergesellschaft verwaltet.
Bei den Brentanos entschloss er sich, auch Ingelheim zu besuchen, in erster Linie sicherlich die ehemalige Pfalz Karls des Großen, deren Ruf er kannte; und danach die Burgkirche, von der ihm in Bingen erzählt worden sein könnte. Und so ließ sich am Sonntag, dem 4. 9., von Winkel aus nach Frei-Weinheim übersetzen, um Nieder-Ingelheim zu besuchen, und am Montag, dem 5. 9., mit einem Wagen von Rüdesheim nach Bingen, um von dort über den Rochusberg nach Ober-Ingelheim zu fahren.
Er beschrieb seine Exkursionen nach Bingen ("Sanct Rochus-Fest") und Ingelheim in "Im Rheingau Herbsttage. Supplement des Rochusfestes", online z. B. in: Goethes Werke. Hg. i. Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. 34. Band, erste Abtheilung. Weimar: Böhlau 1902, ab S. 1 - Bingen - bzw. ab S. 60 - Ingelheim).
Hier Goethes Text, ungekürzt, mit nur einer Auslassung bei dem zweiten Besuch auf dem Rochusberg; Erläuterungen und Kommentare im Anschluss.
"Den 4. September …
Nach Tische (also am Sonntag-Nachmittag) in einem mit Menschen überladenen Kahne von Mittelheim nach Weinheim, bei ziemlich lebhaftem Nordostwind. Der Stromstrich wirkt hier stark auf das linke Ufer, nachdem er eine vorliegende Aue weggerissen. Die Wurzeln der alten Weiden sind entblößt, die Stämme vom Eis entrindet. Man hat einen Damm aufgeworfen, um die dahinterliegenden Felder vor Überschwemmung zu sichern.
Am Ende dieses Dammes, gegen Nieder-Ingelheim zu, fanden wir ganz eigentliche Dünen, in den ältesten Zeiten vom Wasser abgesetzt, nun ihr leichter Sand vom Winde hin- und hergetrieben. Unzählige kleine Schnecken waren mit demselben vermengt, ein Teil davon den Turbiniten ähnlich, die sich im Weinheimer Kalktuffe befinden. Daß dergleichen sich noch jetzt in diesem Sandbezirk vermehren, läßt sich folgern, da mir die aufmerksamen Kinder ein Schneckenhaus mit lebendigem Tiere vorgezeigt.
Hinter einer Mühle beginnt ein fruchtbareres Gelände, das sich bis Nieder-Ingelheim zieht. Dieser Ort, schon hoch, an einer sanften Anhöhe gelegen, gehört zu dem Distrikt, der sonst des heiligen Römischen Reichs Tal genannt wurde. Carl des Großen Palast fanden wir halb zerstört, zerstückelt, in kleine Besitzungen vertheilt, den Bezirk desselben kann man noch an den hohen, vielleicht spätern Mauern erkennen.
Ein Stück einer weißen Marmorsäule findet sich an dem Tor eingemauert, mit folgender Inschrift aus dem dreißigjährigen Kriege:
„Vor 800 Jahren ist dieser Saal des großen Kaisers Carl, nach ihm Ludwig des milden Kaisers Carlen Sohn, im Jahre 1044 aber Kaisers Heinrichs, im J. 1360 Kaisers Carlen Königs in Böhmen Pallast gewesen und hat Kaiser Carle d. Große, neben andern gegossenenSäulen, diese Säule aus Italia von Ravenna anhero in diesen Pallast fahren lassen, welche man bey Regierung Kaisers Ferdinandi des II und Königs in Hispania Philippi des IV auch derer verordneter hochlöblicher Regierung in der untern Pfalz, den 6. Aprilis Anno 1628 als der katholische Glauben wiederumb eingeführet worden ist aufgerichtet.
Münsterus in Historia von Ingelheim des heilg. Römisch. Reichs Thal fol. (fol.= Blatt, Seite) DCLXXXIX.“
(Siehe Extraseite; Text mit leichten, nur formalen Abweichungen auch bei Clemen 1890, S. 79)
So wie auf diesem Stich, der wahrscheinlich auf eine ältere Vorlage zurückgeht, könnte es auch Goethe 1814 gesehen haben.
"Den Ort, wo die Küche vor alters gestanden, will man dadurch entdeckt haben, daß sehr viele Tierknochen, besonders wilde Schweinszähne, in dem nächsten Graben entdeckt worden. Während der französischen Herrschaft hat man verschiedene Nachsuchungen gethan; auch wurden einige Säulen nach Paris geschafft. (Hier irrt Goethe)
Neuerlich ward, bei Gelegenheit des großen Chausseebaues, Ingelheim vortrefflich gepflastert, das Posthaus gut eingerichtet. Frau Glöckle nennt sich die Postmeisterin, jetzt von Reisenden, besonders Engländern und Engländerinnen, fleißig besucht. Bei dunkler Nacht gelangten wir auf der Fähre, zwar nicht ohne Unbilden, aber doch glücklich nach Hause."
"Den 5. September
fuhren wir im Wagen nach Rüdesheim, sodann im Kahne, bei einem starken stromaufwärts wehenden Winde, nach Bingen hinüber; die Fähre brachte den Wagen nach.
[Ausgelassen sind einigen Bemerkungen über Bingen und die im Aufbau befindliche Rochuskapelle mit der Orgel.]
Wir fuhren durch die Weinberge hinabwärts, ließen Kempten links und gelangten auf die neue treffliche Chaussee, an deren beiden Seiten ein leicht zu bearbeitender Boden gesehen wird. Da wir nach Ober-Ingelheim verlangten, so verließen wir die Straße und fuhren rechts auf einem sandigen Boden durch junge Kieferwäldchen; sanfte Anhöhen zeigten schon besseres Erdreich; endlich trafen wir Weinberge und gelangten nach Ober-Ingelheim.
Dieses Örtchen liegt an einer Anhöhe, an deren Fuß ein Wasser, die Selz genannt, hinfließt. In dem reinlichen, wohlgepflasterten Orte sind wenig Menschen zu sehen.
Zu oberst liegt ein altes, durchaus verfallenes, weitläufiges Schloß, in dessen Bezirk eine noch gebrauchte, aber schlecht erhaltene Kirche. Zur Revolutionszeit meißelte man die Wappen von den Rittergräbern. Uralte Glasscheiben brechen nach und nach selbst zusammen. Die Kirche ist protestantisch.
Ein wunderbarer Gebrauch war zu bemerken. Auf den Häuptern der steinernen Ritterkolossensah man bunte, leichte Kronen von Draht, Papier und Band, thurmartig zusammengeflochten. Dergleichen standen auch auf Gesimsen, große beschriebene Papierherzen daran gehängt. Wir erfuhren, daß es zum Andenken verstorbener unverheirateter Personen geschehe. Diese Totengedächtnisse waren der einzige Schmuck des Gebäudes.
Wir begaben uns in ein Weinhaus und fanden einen alten Wirth, der, ungeachtet seines kurzen Athems, uns von guten und bösen Zeiten zu unterhalten nicht ermangelte. Die beiden Ingelheime gehörten zu einem Landesstrich, den man die acht Ortschaften nannte, welche seit uralten Zeiten große Privilegien genossen. Die Abgaben waren gering, bei schöner Fruchtbarkeit. Unter französischer Botmäßigkeit hatte man große Lasten zu tragen.
Man baute sonst hier nur weißen Wein, nachher aber, in Nachahmung und Nacheiferung von Aßmannshausen, auch rothen; man rühmte dessen Vorzüge, ob man uns gleich mit keinem roten Eilfermehr dienen konnte; wir ließen uns daher den weißen genannten Jahres wohl schmecken. Als wir nach Weinheim zurück an‘s Ufer kamen und nach einem Kahn verlangten, erboten sich zwei Knaben uns überzufahren. Man zeigte einiges Mißtrauen gegen ihre Jugend, sie versicherten aber besser zu sein als die Alten, auch brachten sie uns schnell und glücklich an‘s rechte Ufer."
Auch in einem Brief an seinen Sohn August vom 6. September 1814 erwähnt er kurz diese Besuche:
"Den vierten. Setzten wir über auf Weinheim. Gelangten nach Nieder-Ingelheim, wo wir die wenigen Trümmer aus der Zeit Carls des Grosen aufsuchten. An einem verfallenen Schlosse späterer Zeit findet sich ein Stück einer weisen Marmorsäule. Der rothe Ingelheim Wein schmeckte gut, so wie überhaupt diese Tage her nur gute Sorten getrunken wurden. Erst spät in der Nacht erreichten wir das diesseitige Ufer und unsre Wohnung. Den fünften früh auf Rüdesheim, bey starckem Wind auf Bingen, nach Tische auf den Rochusberg, dann die neue Chaussee hin, links (Irrtum: rechts) ab gegen Ober-Ingelheim. Abermals altes Schloß, Kirche, guter Wein u.s.w. Bey Zeiten und sehr angenehm herüber."
Kommentar:
1. Zum Besuch in Nieder-Ingelheim
Bei der Fahrt von Weinheim nach Nieder-Ingelheim, wohl auf dem alten Verbindungsweg des Hafens mit der Pfalz, an der Neumühle vorbei, interessierte sich der Naturwissenschaftler Goethe auch für die durchquerten (eiszeitlichen) Flugsanddünen, deren Entstehung er allerdings dem Rhein zuschrieb. Kinder, die ihm dort eine lebende Schnecke zeigten, scheinen den gewiss langsam durch den Sand fahrenden und gelegentlich anhaltenden Wagen neugierig begleitet zu haben. Sein Hauptziel war jedoch die Kaiserpfalz.
Woher Goethe sein Vorwissen über die Pfalz Karls des Großen im Einzelnen hatte, geht aus seinen Worten nicht hervor, aber der - teilweise legendäre - Ruf dieses Palastes war ja nicht nur durch die Biografie Karls von Einhard, die auch er (in Latein) gelesen haben dürfte, oder die Legenden seit der Stauferzeit und durch die Cosmographie Sebastian Münsters aus dem 16. Jahrhundert weit verbreitet worden, sondern auch durch spätere Veröffentlichungen, so von Goethes Universitätslehrer aus Straßburger Zeit, Johann Daniel Schöpflin. Mit der Formulierung "des heiligen Römischen Reichs Thal" benutzte Goethe jedenfalls Worte Sebastian Münsters, nämlich die Überschrift von Münsters Beschreibung von Ingelheim.
Und dieser so viel gerühmte Palast war es wohl, den er bei seinem Besuch in Nieder-Ingelheim besichtigen wollte. Daher ist seine Enttäuschung zu verstehen, als er den Komplex "halb zerstört, zerstückelt, in kleine Besitzungen vertheilt" vorfand. Dass diese Pfalz schon seit dem 11. Jahrhundert als Palast ausgedient hatte (1043 letzte Großveranstaltung), verfallen und zur Burg umgewandelt worden war, die zudem noch erweitert wurde, diese Erkenntnisse moderner Forschung hatte er noch nicht. Immerhin überlegte er, ob die hohen Mauern (der ehemaligen Burganlage) aus "vielleicht spätern" Zeiten stammen könnten.
Dann fügte er einige Informationen an, die man ihm in Nieder-Ingelheim mitgeteilt haben muss, vielleicht war es die Posthalterin und Wirtin, Frau Glöckle (s. u.). Skeptisch klingt seine Bemerkung über die Lokalisation der Küche des Karls-Palastes aufgrund von Funden von Wildschweinzähnen im Burggraben. Interessant ist sein Hinweis, dass man dort in der französischen Zeit der zurückliegenden Jahre "verschiedene Nachsuchungen gethan" und "einige Säulen nach Paris geschafft" habe. Dass Napoleon wertvolle Säulenschäfte aus der Aachener Marienkirche nach Paris hat schaffen lassen, das ist und war wohl auch Goethe bekannt. Dass es aber auch auf dem Gelände der schon so lange untergegangenen Pfalz am Anfang des 19. Jahrhunderts noch Säulen gegeben haben soll, deren Transport nach Paris sich gelohnt hätte, das ist doch ziemlich unglaubwürdig. Sebastian Münster erinnerte sich in seiner Beschreibung des Saales 1545 zwar daran, dass "noch fünff oder sechs steinen gegossen seülen darin gewesen" ("gegossen" wahrscheinlich im Sinne von lat. "fusae" = "hingegossen", umgefallen, zerstreut). Ob die aber 250 Jahre danach immer noch dort herumlagen, ist sehr zweifelhaft. Wurde Goethe falsch informiert oder hat er in seiner Erinnerung etwas durcheinander gebracht?
Lobend hebt er bei beiden Besuchen die gute Chaussee aus der Franzosenzeit hervor, ebenso wie das "gut eingerichtete Posthaus", das viel von englischen Touristen und Touristinnen - er nennt ausdrücklich beide Geschlechter - besucht werde. Die rührige Wirtin, Frau (Wilhelmine) Glöckle, erwähnt er namentlich. Wahrscheinlich war sie seine Hauptinformantin. Ihr Mann war der Gutsbesitzer Ludwig Glöckle gewesen, nach Saalwächter (BIG 16) im Jahre 1792 Kurpfälzischer Schaffner und Verwalter der Geistlichen Güteradministration zu Heidelberg für die ihr unterstellten, im Jahre 1565 aufgehobenen geistlichen Güter des Ingelheimer Grundes. Er wird am 27. Juni 1806 als einer der drei Kompagnons erwähnt, die die von den Franzosen enteignete Jesuitenmission in Nieder-Ingelheim ersteigert und bald darauf, wohl mit Gewinn, wieder verkauft haben. Er war auch der "Posthalter" dieser wichtigen Poststation, an der Pferde gewechselt werden konnten, und von 1792 bis 1797 Schultheiß (Emmerling, BIG 17). Im Jahr vor Goethes Besuch, am 18. November 1813, ist er gestorben (Timm, S.125).
Im Brief an seinen Sohn erwähnt Vater Goethe auch, dass er bei seinem Besuch in Nieder-Ingelheim den guten roten Wein getrunken habe, den er am nächsten Tag in Ober-Ingelheim (s. u.) vergeblich bestellte ("der rothe Ingelheimer Wein schmeckt gut"). Schon damals hatte Ingelheim also den Ruf der "Rotweinstadt".
2. Zum Besuch in Ober-Ingelheim
Am folgenden Tage besuchte er zuerst von Rüdesheim aus noch einmal Bingen sowie die Wallfahrtskapelle auf dem Rochusberg und fuhr dann - wieder auf der "trefflichen" Chaussee - nach Ober-Ingelheim. Abbiegen musste er von dieser Binger Straße entweder da, wo der Fahrweg von Sporkenheim nach Ober-Ingelheim verlief, dessen Rest noch heute die Eisenbahn mit einem beschrankten Übergang überquert, oder in den Rheinweg, den alten Fahrweg durch das Selztal, dessen Fortsetzung die heutige Rheinstraße ist. Jedenfalls näherte er sich dem Ort durch das Selztal.
In dem "reinlichen wohlgepflasterten Orte" sah er nur wenige Menschen; waren die anderen in den Weinbergen bei der Lese? Den ummauerten Burgkirchenkomplex nannte er "Schloß", das zwar "weitläufig", aber "verfallen" sei. Auch die Kirche selbst fand er "noch gebraucht, aber schlecht erhalten". Die ausgemeißelten Adelswappen der Epitaphien fielen ihm auf - oder wurden sie ihm gezeigt? Und er bemerkte, dass die "uralten" Glasscheiben "nach und nach selbst zusammen" fielen. Das Marienfenster, das einzige, von dem sich noch restaurierbare Reste bis ins 19. Jahrhundert erhalten haben, erwähnte er nicht eigens. Auch für die bewundernswerten Ritterepitaphien hatte er kein besonderes Interesse, sondern nennt sie abschätzig "Ritter-Colosse".
Bemerkenswert allerdings schien ihm der Totenbrauch mit kronenartigen Verzierungen der Ritterköpfe sowie auf Gesimsen, aus Draht, Papier und Bändern, an denen Papierherzen hingen. Nach ihrem Sinn hat er sich erkundigt und zur Auskunft bekommen, sie dienten dem Gedenken an unverheiratet Verstorbene.
Auch hier suchte Goethe ein ungenanntes Wirtshaus auf (am Markt?) und unterhielt sich dort mit einem kurzatmigen Wirt. Und diesem waren die guten alten Zeiten des Spätabsolutismus in angenehmerer Erinnerung als die Zeit der Franzosenherrschaft, weil man davor "große Privilegien genossen" habe, während die Franzosen höhere Steuern verlangt hätten.
Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass man damals die acht Orte des Ingelheimer Grundes redensartlich "die acht Ortschaften" genannt habe. Es waren Frei-Weinheim, Nieder-Ingelheim, Ober-Ingelheim, Wackernheim, Groß-Winternheim, (damals noch Sauer-)Schwabenheim, Bubenheim und Elsheim.
Auch in dieser Gastwirtschaft verlangte Goethe den roten "Eilfer", den er am Vortage in Nieder-Ingelheim genossen hatte und der drei Wochen vorher beim Rochusfest so gerühmt worden war. Aber hier musste er sich mit Weißwein zufrieden geben, da der rote, wie schon auf dem Rochusberg erzählt, tatsächlich schon ausgetrunken war. Der weiße jedoch scheint ihm auch geschmeckt zu haben: "Wir ließen uns daher den weißen genannten Jahres wohl schmecken." In den Erinnerungen der Brentanos an seinen Besuch in Winkel wird festgehalten, dass er kein einfacher Gast war und auch bei ihnen sehr viel Wein getrunken habe.
Beim Fährboot in Frei-Weinheim hatte man zuerst kein rechtes Vertrauen in die Fährkünste der beiden "Knaben", was sich aber als unbegründet erwies.