Autor: Hartmut Geißler
unter Benutzung von "Grangie" in wikipedia
und Heinemann, 2021
Zur großen Grangie Sandhof bei Heidesheim
Unter den Zisterziensern, auch des Klosters Eberbach im Rheingau, waren Grangien Großgüter im Umfang von 50 - 400 ha (Durchschnittsgröße 150 - 200 ha), die von Laienbrüdern ("Konversen") bewirtschaftet wurden. Das mittelalterliche Wort "Grangie" (lateinisch "grangia") ist von den lateinischen Wörtern "granum = Korn, bzw. "grangium" = Vorratsspeicher abgeleitet.
Wikipedia urteilt: "Die Wirtschaftsform der Grangien, die im 12. und 13. Jahrhundert ihren Höhepunkt hatte, war durchweg modern: Als Reaktion auf die unrentabel werdende und mehr und mehr zersplitterte traditionelle Grundherrschaft strebten die Zisterzienser nach abgerundetem Landbesitz und rechtlicher Einheitlichkeit, die zusammen mit rationellen Betriebsformen geeignet waren, Gewinne zu erzielen. Die Grangien produzierten ihre Erzeugnisse für den lokalen Markt der nahen Städte und setzen sie über die Stadthöfe der Klöster ab."
Welchen Umfang das zur Grangie auf dem Nieder-Ingelheimer "Böhl" (s. heute die Straßen "Vorderer Böhl" - eigentlich "vor dem Böhl" - , "Unterböhl" und "Oberböhl") gehörende Land gehabt hat, lässt sich heute nicht mehr feststellen.
Sicher jedoch ist der bäuerliche Siedlungsschwerpunkt auf dem Böhl des Katasterplanes von 1812 (am oberen Bildrand = "Auf dem Boehl") auf das Vorhandensein eines früheren großen Hofes zurückzuführen.
Die östliche Richtungsführung der L 422 und ihre Fortsetzung in Richtung Heidesheim und Heidenfahrt, heute durchbrochen durch die Autobahn, deutet auf eine Anbindung an die große Verwaltungsgrangie Sandhof in Heidesheim und die Heidenfahrter Fähre nach Eberbach hin.
Ernst Emmerling weist in der AZ vom 20.09.1949 (Wiederabdruck in BIG 17, S. 91-92) auf einen anderen Hof des Klosters Eberbach in Ingelheim hin, den "Mönchshof" auf der später so genannten Flur "Gebrannter Hof" nördlich der Enggasse, heute im Besitz der Familie Emmerling, sowie auf zwei Gemarkungssteine der Abtei Eberbach (im Depot des Museums).
Bilder und eine genaue Beschreibung dieser beiden Grenzsteine hat Reiner Letzner zusammen mit anderen Grenzsteinen in und um Ingelheim veröffentlicht in seiner Schrift: Die historischen Grenzsteine im Museum der Stadt Ingelheim (= Kleine Schriften - Ingelheimer Geschichtsthemen Nr. 5, hrg. v. Hist. Verein 2006)
Bei beiden Grenzsteinen ist der ursprüngliche Aufstellungsort unbekannt, eine Jahreszahl ist nicht vorhanden.
Foto: Reiner Letzner
Ergänzung 2021:
Verwaltet wurden die Ingelheimer Besitzungen von Eberbach vom Heidesheimer Sandhof aus, wo ein "Rittmeister" (ein Jurist) seinen Sitz hatte. Dieser rechnete 1480 die Kosten für den Umbau des Hersfelder Zehnthauses in Ober-Ingelheim ab, denn für einige Jahre (1479-1517) war Eberbach auch Besitzer des heutigen Geismarschen Hofes. Das dortige spätgotische Herrenhaus mit Treppengiebel wurde also von Eberbach aus umgebaut bzw. renoviert.
Gs, erstmals: 16.12.07; Stand: 23.05.22