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Eine französische Jagdverordnung von 1805


... gefunden und am 13.09.58 veröffentlicht von Philipp Krämer in der Ingelheimer Zeitung 

Eine Jagdverordnung aus der Franzosenzeit 1805, bekannt gegeben von Forstmeister Bruges an die Förster, lautete wie folgt:

Die Befehle, die wir soeben von seiner Excellenz dem Reichsmarschall Ober-Jägermeister erhalten haben, beweißen nur zuviehl, wie sehr es zu verlangen ist, daß die Jagden verschohnt sein sollen, da es die Absicht Sr. Kaiserlichen Majestät ist, in den Waldungen, die zu seinem Vergnügen bestimmt, die Heegung des Wildbreds instand zu setzen.

So ladet der Herr Ober-Jägermeister von seiten Sr. Kaiserlichen Majestät den Herrn Conservateur, und die Herrn Forst-Inspectur ein, ihren untergebenten austrücklichen Befehl zu geben, den Augenblick zu benutzen, wo das Roth-Wildbred setzt, damit mann sich Hirschkälber und Reehkitzger wie auch Barcasien verschaffen kann und sie sorgfältig aufbewahren, bis auf den Augenblick zu erreichen, wo sie die Reiße nach Paris vertragen werden können.

Mit wahrheit seind wir genöhtiget Sr. Excellenz dem Ober-Jägermeister Reichsmarschall zu antworten, daß das Wildbred in den mehresten Waldungen durchaus verstöhrt, und wie schmerzhaft es allen Forstbeamten ist, nicht an dem Vergnügen des Monarchen, der Frankreich Glücklich macht, beitragen zu können. Es ist nothwendig, meine Herrn, uns in den stand zu setzen, damit wir in der folge unsern Pflichten gemäß, wie auch ein Befehl Sr. Kaiserlichen Majestät, genüge leisten zu können.

Ich gebe ihnen folglich von neuem den austrücklichen Befehl, gar nicht zu Jagen, kein Mensch jagen zu lassen, alle Hunde, die sie in den Waldungen finden, ohne ausnahme zu dödten, Rapporte aufzusetzen und mir auf der Stelle davon Rechnung abzulegen. Ich schmeigle mir, das die Herrn Mairs sich ein Vergnügen daraus machen, ihnen behülflich zu sein. Wenn es welche geben, die anderst gesinnt sein sollten, so machen sie mirs bekannt.

Ich überreiche ihnen ein Reglement für die Feld Jagden Steigerer, welches veranlaßte, daß ihnen dieselbe unterwerfig sein und werden gegen willkürliches Verfahren Hand davon halten. Jagdbedingniße:

1. Es können nur zwey oder höchstens drey Steigerer seyn.
2. Die Steiger müssen das gestempelte Papier, die Einregistrierung und alle Unkosten bezahlen.
3. Jeder Steiger soll mit Erlaubniß, ein Gewehr zu tragen, begabt sein, die ihm von Herrn Prevect auf das Betreiben des Herrn Maires eingehändiget wird.
4. Die Steiger dürfen in den Hegezeiten weder Jagen noch Gewehr tragen.
5. Es ist jedem, er mag sein wer er wolle, verbothen, sich vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang in Feld mit einem Gewehr zu befinden.
6. Die Jagd in den Kaiserlichen Gemeinden und Waldungen ist jedem verbothen.
7. Der Anstandt an den Waldungen ist ausdrücklich verbothen.
8. Im Falle sich Wölfe oder sonstige Raubtiere spüren lassen, darf der Maire in seiner Gemarkung ein treib Jagen deshalben anstellen.

Kommentar Gs:
Das Rundschreiben des Forstmeisters Bruges regelte also zweierlei: einmal die Hege in den "kaiserlichen" Waldungen und zum anderen die Jagd in den Gemeindefeldern. Anscheinend war das Jagdwild (Rothwild, Hirsche u.a.) in den Wäldern nach den Revolutionskriegen, nach dem Zusammenbruch der vorherigen, dem Adel vorbehaltenen Jagdrechte und vielleicht auch durch die zeitweise überhand nehmenden Räuberbanden sehr stark dezimiert worden. Es sollte durch Schonung und Hege wieder aufgebaut werden, aber mit der bemerkenswerten Begründung, dass man Hirschkälber, Rehkitze und "Barcasien" (= Bekassine, Schnepfen?) brauche, um sie Napoleon zu seinem Jagdvergnügen nach Paris schicken zu können!

Ob die Wortwahl des Forstmeisters - wie schmerzhaft es allen Forstbeamten ist, nicht an dem Vergnügen des Monarchen, der Frankreich Glücklich macht, beitragen zu können - aus Ironie oder anderen Motiven erfolgte, vermag ich nicht zu beurteilen. Insgesamt aber erinnert der Stil dieses Rundschreibens noch stark an den mit Höflichkeitsformeln überladenen Barock-Stil des Ancien Régime.

Zweitens wurden in 8 Punkten die Versteigerung der Jagdrechte im Feld und die Pflichten der Jagdpächter geregelt. Interessant ist, dass man damals noch mit dem Auftauchen von Wölfen in unserer Gegend rechnete.

 

Gs, erstmals: 23.07.06; Stand: 03.12.20