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Der Brief von Kaiser Friedrich I. Barbarossa an Hildegard

 

Autor: Hartmut Geißler




Die Internet-Veröffentlichung des Riesencodex in Wiesbaden wird folgendermaßen eingeleitet:

"Der sogenannte „Riesencodex", früher auch „Codex mit der Kette" genannt, ist das zentrale Vermächtnis Hildegards von Bingen. Nicht nur der für eine mittelalterliche Handschrift sehr ungewöhnliche enorme Umfang (481 Blätter, 460 x 300 mm, Gewicht ca. 15 kg) haben ihn im Lauf der Jahrhunderte regelrecht zu einer „Reliquie und Ikone ihres Geistes" (Embach S. 57) werden lassen. Grund dafür ist auch die für das Mittelalter ebenfalls ungewöhnliche, dem Codex zugrunde liegende Idee einer enzyklopädisch geordneten Gesamtausgabe der Schriften Hildegards. Sie selbst oder zumindest ihre unmittelbaren Nachfahren müssen die hier zusammen gestellten Werke als die Quintessenz ihres Schaffens angesehen haben.

Es ist nicht ganz sicher, ob der Codex noch zu ihren Lebzeiten (1098-1179) oder kurz danach entstanden ist. Unbestritten ist hingegen, dass zumindest Teile davon mit ihrem Wissen und ihrer Billigung in Angriff genommen wurden. In einem arbeitsteiligen Prozess entwarfen fünf bis sechs verschiedene Schreiber ihres Klosters Rupertsberg bei Bingen mehrere Teilwerke, die später zu einem „Sammelband" zusammengeführt wurden.

Der Einband (zwei mit Schweinsleder überzogene Holzdeckel) wie auch die berühmte Kette stammen wahrscheinlich nicht aus Hildegards Zeit, sondern eher aus dem 15. oder 16. Jahrhundert. Im Einzelnen enthält der Codex:

• die Visionstrilogie (Scivias, Liber vitae meritorum und Liber divinorum operum)
• das gesamte musikalische Werk (Symphonia, Ordo virtutum)
• die umfassendste Überlieferung der Briefe (Epistolarium)
• die sprachkundlich-experimentellen Schriften (Lingua ignota, Litterae ignotae)
• die Expositiones evangeliorum (eine fragmentarische Sammlung von Homilien)
• die Lebensbeschreibung (Vita Hildegardis) der Mönche Gottfried und Theoderich
• den Brief an die Mainzer Prälaten (Ad praelatos Moguntinenses)

Außerdem ist ein theologische Fragen behandelnder „Brief der Villarenser Mönche nach dem Tode Hildegards" enthalten (gemeint ist die Zisterzienserabtei Villers in Brabant). Auffällig ist, dass kein einziges von Hildegards medizinisch-naturkundlichen Werken enthalten ist. Man kann deshalb nicht ausschließen, dass ein weiteres (nicht erhaltenes) kompilatorisches Werk der Hildegard-Schriften existierte."

Auf seiner Grundlage sind weitere, mehr oder minder divergierende Abschriften erhalten.

Der Text des Briefes:

Fridericus imperator. h i l d e g a r d i. Fridericus, dei gratia romanorum imperator et semper augustus, domine hildegardi de pinguia gratiam suam et omne bonum. Notum facimus sanctitati tue, quoniam ea que predixisti nobis cum ingelheim manentes, te ad presentiam nostram uenire rogauimus, iam in manibus tenemus, sed nos tamen omni conatu pro honore regni laborare non cessabimus. Quapropter dilectionem tuam quam intime admonemus, ut cum sororibus tibi commissis ad omnipotentem deum preces pro nobis fundas, quatenus in terrenis negotiis nos laborantes ita ad se conuertat, ut gratiam ipsius obtinere ualeamus. Certum autem debes habere quod super omni negotio tuo ad nos per te directo, neque amicitiam neque odium alicuius persone, adtendemus, sed solius iusticie respectu equitatem iudicare proponimus. 

(Transskription direkt aus dem digital veröffentlichten Riesencodex; leichte Abweichungen davon in Ackers Edition, wo das Wort "sed" ausgelassen ist und "iustitie" statt "iusticie" transkribiert wurde)

Das heißt übersetzt (Gs):
"Friedrich, durch Gottes Gnade Kaiser der Römer und immer Augustus, [sendet] der Frau Hildegard von Bingen seinen Gruß (eigentlich: Gunst) und [wünscht ihr] alles Gute. Wir machen deiner Heiligkeit bekannt, dass wir das, was du uns vorhergesagt hast, als wir dich bei unserem Aufenthalt [in] Ingelheim zu uns (persönlich) zu kommen gebeten haben, schon in den Händen haben; aber wir werden dennoch nicht nachlassen mit aller Kraft für die Ehre des Königreiches zu arbeiten. Deshalb ermahnen wir Euer Liebden aus tiefster Seele, dass du mit deinen dir anvertrauten Schwestern vor dem allmächtigen Gott Bitten für uns ausbreitest, damit er, wenn wir uns in irdischen Dingen abmühen, uns so zu sich wende, dass wir die Kraft haben, seine Gnade zu erlangen. Sicher aber sollst du sein, dass wir bei jedem Anliegen von dir, das an uns geleitet wird, weder Bevorzugung noch Hass auf irgend jemanden anwenden werden, sondern dass wir uns vornehmen, allein unter dem Aspekt der Gerechtigkeit eine gerechte Entscheidung zu fällen." 
 

Kommentar:

Friedrich, der ursprünglich als Ritter für die Nachfolge im Herzogtum Schwaben, aber nicht in den sieben freien Künsten ausgebildet worden war, also kaum lesen und schreiben konnte, seine Reden immer auf Deutsch hielt und nach Otto von Freising Latein zwar verstehen, aber nur schlecht sprechen konnte (geschweige denn, dass er imstande war, selbst lateinische Texte zu verfassen), kann einen solchen lateinischen Brief nicht selbst formuliert haben, sondern hätte ihn durch einen seiner gebildeten Kanzlei-Mitarbeiter verfassen lassen müssen, die sich eigentlich - nach Opll - "eines besonders feierlichen, auf Würde wie Wirkung bedachten Stils" bedienten, der hier nicht vorliegt (Opll, Friedrich Barbarossa, S. 39).

Zur personellen Zusammensetzung seiner Kanzlei siehe auch: Uebach, Christian: Die Ratgeber Friedrich Barbarossas (1152 – 1167).
 

Inhaltlich teilt hier angeblich der Kaiser Hildegard in einem kurzen, recht vertraut wirkenden Schreiben, das eine vorherige Kommunikation voraussetzt, mit, dass er etwas bekommen bzw. erworben habe, das sie ihm vorausgesagt habe, als sie auf seine Einladung hin zu ihm nach "Ingelheim" (sic!) gekommen sei; er versichert, sich trotzdem (wieso: trotzdem?) weiterhin für das Reich einsetzen zu wollen. Was Inhalt der Voraussage war, bzw. was der Kaiser schon in Händen hält, bleibt ungesagt und kann sich auf jeden politischen Erfolg beziehen. Denn der politische Raum wird durch den folgenden Satz ("sed nos tamen") nahegelegt. Im Folgenden bittet er Hildegard und ihre Schwestern, ihn in ihre Gebete einzuschließen, damit er die Gunst/Gnade Gottes erlange. Abschließend versichert er ihr, in allen Anliegen Hildegards (wohl das Kloster betreffend) ohne Ansehen der Person zu entscheiden, nur nach den Kriterien von Gerechtigkeit und Billigkeit.

Inhaltliche Bezüge zu den vier Briefen Hildegards an Barbarossa lassen sich in diesem Brief nicht finden.

Die Anrede ist die übliche, wie z. B. im Brief Friedrichs an seinen Onkel Otto, Bischof von Freising, aus dem Jahre 1156, den Otto eingangs in seinem Tatenbericht zitiert: "Fridericus Dei gratia Romanorum imperator et semper augustus dilecto patruo suo Ottoni Frisingensi episcopo gratiam suam et omne bonum." = Friedrich von Gottes Gnade Imperator der Römer und immer Augustus [sendet] seinem geliebten Onkel und Bischof Otto von Freising seinen Gruß (eigentlich Gunst) und [wünscht ihm] alles Gute (Übersetzung: Gs; Gesta Frid. vor Buch I. und ebenso in Buch II, 30). Sie taucht auch in anderen Briefen auf.

Am Ende fehlen, wie bei den anderen Briefen dieser Sammlung auch, Teile des üblichen Briefformulars, also Ort und Datum. Diese gekürzte Zitierweise benutzten auch Hildegards Zeitgenossen Otto von Freising und sein Fortsetzer Rahewin mitunter, wenn sie in die Darstellung der Taten Barbarossas gelegentlich Briefe von ihm oder von Korrespondenzpartnern einfügen. Diese kürzende Methode ist an sich also nichts Ungewöhnliches. Andererseits wird daran deutlich, dass der Brief mindestens redaktionell überarbeitet wurde.

So sahen es auch schon Schrader und Führkötter (1956): "Der Text dürfte höchstwahrscheinlich auf eine echte Vorlage zurückgreifen." (S. 128). Diese Aussage bedeutet doch, dass auch Schrader und Führkötter diesen Brief für relativ frei komponiert halten, weil er lediglich "auf eine echte Vorlage zurückgreife", was auch immer unter "zurückgreifen" zu verstehen ist.

Ob er zum höheren Ruhme Hildegards, die schon zu Lebzeiten wie eine Heilige ("sancta virgo" - "heilige Jungfrau") verehrt wurde, deren Heiligsprechungsprozess aber damals zu keinem offiziellen Abschluss gelangte, sogar völlig frei erfunden ist, lässt sich aus seinem vagen Inhalt weder beweisen noch widerlegen. Aber auch eine freie Erfindung eines solchen Briefes würde natürlich nicht ausschließen, dass die beiden sich wirklich einmal in Ingelheim getroffen haben.

Während Classen, S. 125, im Jahre 1964 den Brief für "inhaltlich und formal durchaus unverdächtig" hielt, gibt es doch bedenkenswerte Auffälligkeiten:

- Auffällig ist die komplizierte, gedrechselte Ausdrucksweise, die sich bei Hildegard in so reichem Maße findet. So bittet der Kaiser um Gebete, damit Gott ihn - den König - so zu sich (Gott) wende, dass er - der König - die Kraft bekomme ("valeamus"), Gottes Gnade zu erlangen; also nicht einfach ein Gebet um Gottes Gnade für den König, sondern eine komplizierte theologische Gedankenkonstruktion, die einen durch Gebete zur Hinwendung befähigten Menschen dem in doppelter Weise handelnden Gott gegenüber stellt. Vom Brief eines Königs könnte man größere Klarheit, Direktheit und auch ein größeres Selbstbewusstsein erwarten.

- Seltsam ist auch die Zusicherung am Ende, ihre eventuellen Anliegen "gerecht" zu behandeln, und zwar ohne Bevorzugung oder Benachteiligung anderer Personen. Sollte man da nicht eher erwarten, dass der Kaiser der Nonne zusichert, ihre Anliegen wohlwollend zu prüfen? So aber drückt dieser ebenfalls komplizierte Gedanke eher eine allgemeine moralische Forderung an einen König/Kaiser aus, Gerechtigkeit ohne Ansehen der Person zu üben ("solius iusticie respectu" - allein unter Berücksichtigung der Gerechtigkeit), gemäß den allgemeinen Erwartungen, die einem König in Fürstenspiegeln vorgehalten wurden. Im Übrigen muss man bedenken, dass es keineswegs jedem möglich war, ein Anliegen direkt vor den König zu bringen, denn "der Zugang zu ihm war eingeschränkt. Ermöglichen konnten diesen Zugang Vertraute des Herrschers, wenn sie für das jeweilige Anliegen als gewichtige Fürsprecher zu gewinnen waren." (Uebach, S. 21, Anm. 114)

- Auffällig ist ferner, dass der Ortsname "Ingelheim"in der heutigen Schreibweise ohne ein -n- in der Mitte verwendet wird. Dabei ist ein Auslassungszeichen für ein solches "n", das wohl als Rest einer früheren Flexionsendung zu gelten hat, nicht zu entdecken.

Diese neuzeitliche Schreibweise ohne "n" war aber zu jener Zeit, d. h. in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts, noch nicht die offiziell übliche, vor allem nicht die offizielle. Rahewin schrieb "Inglinheim" und der Verfasser der sogenannten Kaiserchronik z. B., ein Geistlicher aus Regensburg, schrieb den Ort etwa zur selben Zeit (1160) "Ingelnhaim" (V, 384 und 342).

Bei den Ortsangaben in den beiden Güterverzeichnissen der Bolander vom Ende des 12. und der Mitte des 13. Jahrhunderts wird der Ort meist mit "n" geschrieben, bisweilen aber auch schon ohne, was auf den fortschreitenden Aussprachewandel in unserer Region hindeutet.

Eine vor Mainzer Richtern am 16. Juli 1316 ausgefertigte Schenkungsurkunde von Gutserträgen eines Christian von Dromersheim zu Gunsten des Klosters auf dem Rupertsberg schreibt den Ortsnamen zweimal so: "Inghilnhe(y)m" (Baur, Urkunden II, S. 790, Nr. 790).

Im Ober-Ingelheimer Haderbuch von 1476 - 1485 werden beide Namensformen benutzt. Auch das offizielle Siegel des Ingelheimer Reichsgerichtesverwendete 1393 die Fassung des Ortsnamens mit "n".

Selbst Rüxner benutzte im 16. Jahrhundert diese Namensform noch - wohl altertümelnd - in seinem Turnierbuch, während sein Zeitgenosse Sebastian Münster seine Heimat 1544 wie heute schon "Ingelheim" schrieb.

Wenn man davon ausgeht, dass der Ortsname das mittlere "n" in der Umgangssprache früher als in amtlichen Urkunden verloren hat, die doch gewöhnlich die "richtige", nämlich die alte Schreibweise benutzen, um "korrekt" zu sein, dann muss es erstaunen, dass in der Kanzlei Barbarossas schon diese jüngere Volkssprachenform angewendet worden sein soll. Wahrscheinlicher ist es, dass diese Namensform einem Schreiber bzw. Redakteur aus unserer Sprachgegend beim Abschreiben, Verfassen oder Redigieren dieses Briefes hineingerutscht ist - oder eben, dass der Brief überhaupt nicht vom Kaiser stammt.

Sollte der Brief aber erfunden worden sein, wäre gerade das ein Beleg dafür, welche Bedeutung man im Kloster auf dem Rupertsberg der alten und ruhmreichen Ingelheimer Pfalz noch beimaß, so dass man sich ein Treffen dort als glaubhaft vorstellte.

Zum Ingelheim-Mythos in staufischer Zeit siehe hier!

Ein ähnliches Problem stellt übrigens ein angebliches Treffen von Friedrichs Sohn Heinrichs VI. vor der Eroberung Siziliens mit dem Zisterzienser-Abt Joachim von Fiore dar, einem weithin bekannten Propheten und Eschatologen, das freilich ebenso nur vom Abt selbst überliefert wird. Ein vergleichbares Treffen Friedrichs II., also des Enkels Barbarossas, mit Franciscus von Assisi im Kastell von Bari wird in der Forschung allgemein ins Reich der Legende verwiesen (nicht so bei Georgina Masson, Das Staunen der Welt, Tübingen1958).

Vorstellbar ist es vielleicht, dass sich Barbarossa in den ersten Jahren seiner Regierung, z. B. in der ersten Hälfte des Jahres 1154, als er zur Vorbereitung seines ersten Italienzuges mehrfach durch unsere Gegend kam, mit Hildegard in Ingelheim getroffen hat, um sich eine Prophezeiung für seine Italienpolitik geben zu lassen. Dass er als König die Äbtissin in ihrem Kloster deswegen aufsuchte, obwohl dieses an seinem Weg lag, ist hingegen kaum vorstellbar.


Zur möglichen Entstehungszeit

Von einigen Historikern, die sich mit diesem fraglichen Barbarossa-Brief befasst haben und ihn für echt hielten, wird als Entstehungszeit das Jahr 1163 angenommen, als der Kaiser in Mainz war zum Strafgericht über die Stadt, nach der Ermordung des Erzbischofs Arnold von Selenhofen, und zwar drei Wochen lang; da könnte er sich natürlich auch einmal - sozusagen privat - angeschaut haben, was aus der restaurierten alten Pfalz Karls des Großen mittlerweile geworden war oder noch werden sollte.

Opll lässt ihn in seinem Itinerar auf dem Weg von Worms zum Strafgericht in Mainz 1163 wohl nur deshalb vorher einen Umweg (!) über Ingelheim machen, weil er der aus dem Inhalt geschlossenen zeitlichen Einordnung seines Briefes durch Schrader und Führkötter unmittelbar vor der Urkundenausstellung 1163 folgt. Diese Zeitstellung kommt mir aber sehr unwahrscheinlich vor, weil zu knapp für die Vorbereitung des Schutzbriefes, die gewiss längere diplomatische Sondierungen erfordert hat. In seiner Barbarossa-Biographie von 2009 erwähnt Opll dieses angebliche Treffen nicht mehr.

Nach Oplls Itinerar kam Barbarossa ungefähr 15 Mal in beiden Richtungen durch Ingelheim bzw. mit dem Schiff daran vorbei. Hinzu kommen noch fünf Male, in denen er einige Wochen in der Nähe war und auch einen Abstecher nach Ingelheim gemacht haben könnte.

Der Kaiser könnte natürlich bei Schiffsfahrten den Rhein hinunter im Ingelheimer Königsgut gelegentlich eine kurze Rast eingelegt haben, ohne dass Annalen oder Urkunden davon zeugen. Von Barbarossa sind allerdings nur zwei Schiffsbenutzungen ausdrücklich erwähnt: 1152 auf Main und Rhein in Richtung Aachen und 1189 auf der Donau zum Kreuzzug.

Rheinaufwärts ist muss er in aller Regel von Bingen nach Mainz durch Nieder-Ingelheim geritten sein.

Thematisch gut würde z. B. seine Rückreise von Aachen den Rhein entlang im Januar 1166 passen. Denn nachdem am 29. Dezember 1165 Karl der Große in Aachen heilig gesprochen worden war, würde ein Zwischenstopp in Ingelheim, dem Ort der alten berühmten Pfalz Karls, auf dem Weg nach Frankfurt durchaus Sinn gemacht haben. Davon ist jedoch nichts bekannt.  Möglicherweise hat er sich auch schon unterhalb des Binger Lochs auf die rechte Rheinseite übersetzen lassen und ist von dort rechtsrheinisch auf direktem Wege zum Main und weiter nach Frankfurt geritten, ohne Ingelheim und Mainz überhaupt zu berühren.

Wenn die Könige die kürzere und direkte Rheinhessenroute (etwa entlang der heutigen A 61 und somit 21 km kürzer als über das Mainzer Rheinknie) von Bingen über Alzey nach Worms benutzten, kamen sie sowieso nicht durch Ingelheim.

Nachdem das Ingelheimer Palatium von den Königen für offizielle Geschäfte schon seit über einem Jahrhundert nicht mehr benutzt worden (mit der Ausnahme der Absetzung Heinrichs IV. am 31.12.1105) und wohl verfallen war, spricht also insgesamt wenig für irgendeinen Aufenthalt Barabraossas in Ingelheim, wenn er auch nicht auszuschließen ist. Das weitläufige Ingelheimer Gelände war nämlich 1184 für ein großes Turnier vorgesehen, als das Pfingstfest auf der Maaraue gegenüber von Mainz gefeiert wurde. Der Plan wurde jedoch wegen eines Unglücks durch einen Gewittersturm fallen gelassen.


Der kaiserliche Schutzbrief für Hildegards Kloster

Zum stilistischen Vergleich mit dem Brief kann man die Edition des kaiserlichen Schutzbriefes für das Kloster auf dem Rupertsberg vom 18.04.1163 in Mainz heranziehen, in dem dessen Besitzungen gegen Ansprüche des Klosters Disibodenberg bestätigt sowie das Recht der freien Abtwahl und die Freiheit von jeglicher Vogtei garantiert werden, und zwar "interventu et peticione domine Hildegardis venerabilis abbatisse" = aufgrund einer Beschwerde und Petition der ehrwürdigen Äbtissin Hildegard.

Anscheinend legte man auf dem Rupertsberg Wert darauf, dass die Besitzgarantien, die schon früher (am 22. Mai 1158) in zwei Urkunden des Mainzer Erzbischofs Arnold gegen Ansprüche des Klosters Disibodenberg gegeben worden waren, nach der Ermordung dieses Förderers von Hildegards Kloster, an den auch ein Brief Hildegards überliefert ist, nochmals bekräftigt wurden. In den digitalisierten Urkunden der MGH (Diplomata Friedrich I 2: 1158-1167, S. 274, Nr. 398, Suchbegriff Rupertsberg): Schutzbrief Friedrichs für Hildegards Kloster

 

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Gs, erstmals: 24.02.10; Stand: 14.11.20